Allgemeines Strafrecht

Zwei Jahre auf Bewährung für einen Mord

Verjährungsregeln beruhen nach allgemeiner Auffassung auf dem Gedanken, dass irgendwann Ruhe in der Angelegenheit und somit Rechtssicherheit für den Täter eintritt, auch wenn der Rechtsfrieden aus Sicht des/der Verletzten bzw. Hinterbliebenen sowie der Gesellschaft nicht herbeigeführt wird, weil ein Normbruch ohne Folgen bleibt. Eine Ausnahme davon sieht das Strafgesetzbuch für den Mord vor, der bekanntlich nicht verjährt (§ 78 Abs. 2 StGB). Gleiches gilt bei den Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch (§ 5 VStGB).

Diese Wertentscheidung des Gesetzgebers im Hinblick auf das höchste Rechtsgut gewährleistet demnach eine Aburteilung auch Jahrzehnte nach der Tat, was in jüngster Zeit im Zusammenhang mit den KZ-Fällen wieder relevant geworden ist. Dies muss aber nicht unbedingt bedeuten, dass am Ende der Hauptverhandlung stets die Höchststrafe verhängt wird. Doch wirklich außergewöhnlich ist der Fall, dass bei einer Verurteilung wegen Mordes eine Bewährungsstrafe herauskommt. Über einen solchen Fall hatte kürzlich das Landgericht Flensburg zu befinden. Möglich bzw. zwingend ist dieses Urteil vor dem Hintergrund jugendstrafrechtlicher Vorschriften.

Im erwähnten Fall hatte der heute 52 Jahre alte Angeklagte im Prozess gestanden, vor 35 Jahren im Alter von 17 Jahren eine 73-jährige Rentnerin in ihrer Wohnung bestohlen und mit einem Sofakissen getötet zu haben: “An ein Sexualdelikt konnte oder wollte er sich im Prozess zwar nicht erinnern, aber die Polizei hatte ihn 2016 dank einer Spermaspur auf dem entblößten Körper der Toten überführt. Seit 2012 hatten die Ermittler wieder intensiver an dem Fall gearbeitet und unter anderem mit einem Massen-Gentest nach dem Täter gefahndet.” Einige Jahre später, wohl gerade noch als Heranwachsender, auf den das Jugendstrafrecht Anwendung fand (§ 105 JGG), wurde er zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, weil er einen Siebenjährigen erwürgt hatte. Im jetzigen Urteil kam nun das im Jugendstrafrecht herrschende Einheitsprinzip (vgl. § 31 JGG) zur Anwendung, wonach – kurz ausgedrückt – die Jugendstrafe im Hinblick auf alle als Jugendlicher begangenen Straftaten insgesamt nicht mehr als 10 Jahre betragen kann. Dies führte dazu, dass nur noch auf zwei Jahre Jugendstrafe erkannt wurde, die dann wegen der guten Sozialprognose des mittlerweile in geordneten familiären und beruflichen Verhältnissen lebenden Angeklagten sowie dem fehlenden Erziehungsgedanken bei einem über 50-Jährigen zur Bewährung auszusetzen war. Auf den Aspekt der Schwere der Schuld, die einer Aussetzung zur Bewährung entgegengestanden hätte, lässt sich im Jugendstrafrecht nicht zurückgreifen.

Bild: © Thorben Wengert pixelio.de